Thursday 14 July 2011

Die Welt ist nicht immer Freitag

Momentan lese ich mit einem meiner Schüler ein Buch von Horst Evers, mit dem schönen Titel "Die Welt ist nicht immer Freitag". Sehr unterhaltsam und amüsant geschrieben! Im Prinzip gesprochene Umgangssprache. Kurz zum Inhalt, bevor ich eine kleine Leseprobe zum Besten gebe: "Horst Evers' Erzähler ist der klassische Nichtsnutz, für den aller Ärger schon mit dem Aufstehen beginnt. Sein Universum ist ein Netz an Arbeitsvermeidungsstrategien, in das immer wieder unerwartet Meteoriten einbrechen. Das kann schon das Klingeln des Telefons sein, ein Baumarktangestellter, manchmal auch die Berliner Verkehrsbetriebe oder - im ungünstigsten Fall - eine Frau."



Dienstag. Krankheit und Verderben
Schlimmer Bauch
Mitten in der Nacht geht's los. Bauchschmerzen. Ich denke: "Oh, grimmes Weh durchwehst die Eingeweide grausam gräulich, zeigst garstig abscheulich dein fäulig Antlitz, färbst bläulich, gräulich mein Haupt, und ich denk, da heul ich am besten gleich los." Ich versuche Schmerz meistens mit Lyrik zu bekämpfen. Da das nicht klappt, beschließe ich dann eben zu jammern, aber möglichst würdevoll, nicht so mimosenhaft, kleinkindmäßig, sondern mehr jammern wie ein Mann: "Oh ha, oh ha oh ha, jungejungejunge, das ist gar nicht gut." Das funktioniert allerdings auch nicht.
Mit letzter Kraft wähle ich Bovs Nummer.
- Ja?
- Hallo Bov, hier ist Horst. Bov, ich bin sehr krank, oh oh, au ha auha.
- Was? Sag mal, weißt du, wie spät es ist?
- Bov, ich sagte, oh oh, auha auha.
- Es ist halb vier Uhr morgens!
- Halb vier, eine gute Zeit zum Sterben.
- Ach so, ist das alles?
- Nein, du musst kommen und mich gesundpflegen.
- Ich werde nicht kommen.
- Es ist doch nur zu deinem Besten. Wenn ich morgen früh aufwache und tot bin, machst du dir sonst Vorwürfe.
- Nein, Horst, ich tu's nur für dich. Wenn ich mitten in der Nacht zu dir käme und feststellen würde, dass du gar nicht im Sterben liegst, müsste ich dich nämlich leider dafür erschlagen.
Er legt auf. Dieser gefühllose Unmensch. Das wird er mir büßen. Ich lösche seine Nummer aus meinem Festnummernspeicher am Telefon. Das wird ihm eine Lehre sein. Dann rufe ich neun andere Freunde an, damit sie komme und mich pflegen. Nach dieser Aktion ist mein Festnummernspeicher komplett leer gelöscht und ich habe zehn Freunde weniger. Na ja, so ist wenigstens wieder Platz für neue Freunde, oder für die Nummern von Ärzten. Seite 29f.

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